Europa-Denkmal

  • Einweihung des Europa-Denkmals 2007

    Bei der Feier spielten die Teilnehmer den Studentensturm von 1950 am St. Germanshof nach

    Das EU-Denkmal in St. Germanshof

    Die Bedeutung des Geschehens vom 6. August 1950 ist höher einzuschätzen als allgemein angenommen wird. Es ergibt sich dies aus vier Tatsachenbereichen:

    1. Der frühe Zeitpunkt des Geschehens

    Zwar hatte Churchill bereits 1946 an der Züricher Universität eine Rede gehalten, in der er von einer Art „Vereinigter Staaten von Europa“ sprach, und am Vierwaldstätter See wurde das Hertensteiner Programm ausgearbeitet - aber in der Folgezeit blieb es bei Lippenbekenntnissen, es folgten keine Taten. Selbst die bekannten ersten Schritte, der Kohle-Stahl- Zusammenschluss nach dem Schumanplan erfolgte erst 1951, also nach der revolutionären Tat von 1950. Die erste europäische Vereinigung nicht nur mit Worten, sondern mit sichtbaren Taten für Stunden fand am 6. August 1950 hier an dieser Stelle in St. Germanshof statt. Hier ist die Wiege der Europäischen Vereinigung, hier wurde erstmals anschaulich ein Vereintes Europa symbolisch realisiert, der ganzen Welt eine EU als Ziel angezeigt.

    1. Die Akteure des Geschehens 

    Aus neun Ländern Europas – auch aus der Schweiz und aus England - kamen Studenten und Studentinnen, Politiker und Journalisten hierher, tatkräftig unterstützt von JEF, den Jungen Europäischen Föderalisten, sowie von Dr. Heister und Ehefrau.  Minister André Philip, vor und nach Schuman in die französische Regierung eingebunden, hielt eine vielbeachtete Rede. Die Professoren Michel Mouskhély und Marcel Mille sprachen ebenfalls und versorgten die Vielzahl an Journalisten, Radiomoderatoren, Fotografen und Filmemachern mit Informationen. So war gewährleistet, dass die Aktion bekannt wurde und dass sie eine Wirkung in der folgenden ersten europäischen Konferenz in Straßburg ausübte.

    1. Das  Sensationelle und  Anschauliche des Geschehens

    Das Überlisten bewaffneter Zöllner, das Zerstören von Staatseigentum, die Schlagbäume im Feuer, die Fahnen und der Schwur, das Manifest und die Proklamation, all dies war so sensationell und aufmerksamkeitswirksam, dass sich die Nachricht des Geschehens sofort in alle Welt verbreitete. Es war gleichzeitig so anschaulich, dass jeder erkannte, was erreicht werden sollte.

    1. Der föderale Ansatz

    Auf einem mitgeführten Transparent stand „Stürmt die Bastion   Nationalstaat“. In unserer Zeit wird deutlich, welche Bedeutung dieser Forderung zukommt. Die visionäre Vorstellung der damaligen Föderalisten, ihre hochgesteckten Ziele, einen europäischen Bundesstaat mit einer europäischen Verfassung mit solider Regelung der Rechte und Kompetenzen einer europäischen Regierung zu erreichen, ist bis heute unerfüllt geblieben. Die EU besitzt heute zwar eine riesige Bürokratie, jedoch immer noch keine gemeinsame Verteidigungspolitik, keine gemeinsame Wirtschaftspolitik und eine nur schwache gemeinsame Außenpolitik. Die Föderalisten von damals können uns auch heute noch Ziele aufzeigen, die nicht erreicht wurden.

    Beeindruckt vom Geschehen des 6. August 1950       

    und beeindruckt vom Mut und vom Weitblick der Akteure verfasste Dr. H.L. Breiner 2013 die zweisprachige Broschüre „Erste Europäische Vereinigung Wissembourg – St. Germanshof.“ In einer tiefgreifenden Ausführung berichtet der Zeitzeuge Dr. Matthäus Heister über den „Studentensturm auf die Grenzen 1950“  und die Forderung nach einem föderalen Europa (Iduso 2015). Es war zu erkennen, dass das Ereignis, das an den Rütli-Schwur in der Schweiz erinnerte, in seiner Anschaulichkeit und Dynamik sich auf besondere Weise dazu eignet, Jugendliche für die europäische Idee zu begeistern und ein europäisches Wir-Gefühl zu entwickeln.

    Es entstand der Entschluss am Originalschauplatz eine Europa-Gedenk- und Jugendbegegnungsstätte zu errichten. Als Vorsitzender der gemeinnützigen Aktionsgemeinschaft Bobenthal - St.Germanshof informierte Breiner die einschlägigen Behörden in Brüssel,  Luxemburg, Straßburg, Berlin und Mainz in der Annahme, dass seine Bitte um finanzielle Unterstützung erfüllt würde. Die Wünsche zum Gelingen des Vorhabens waren zwar zahlreich, zur Finanzierung wurde jedoch auf die Kräfte vor Ort verwiesen.

    Dies bedeutete, dass wir allein sehen mussten, wie eine Realisierung erfolgen könne. Ein außergewöhnliches Maß an Eigenleistung und ein mühsames, zeitaufwendiges Einholen von Spendengeldern stand bevor. In kostenloser Eigenleistung übernahm Dr. H.L. Breiner selbst – um Architektengelder zu sparen - die Planung der Stätte mittels maßstabsgerechter Modelle, die Bauleitung, die Betonierung des vierteiligen Mittelrondells, das Erstellen der Texte und die Designerarbeit für den digitalen Druck der Infotafeln.

    Trotzdem mangelte es an Geld für den Erwerb des Grundstücks und dessen Höherlegung, für die Sandsteinstelen,  den Platzbelag, die Fahnenanlage, die Rosenanlage und den Informationsstand.

    Noch heute gebührt Dank für die finanzielle Hilfe der Hertie-Stiftung, dem Zweckverband Regio-Pamina, den Stiftungen der Sparkassen, der Theyson-Stiftung, dem Bezirksverband Pfalz, den Lions-Clubs, vielen Firmen und Einzelpersonen.

    Wie die zwölf Sterne der Europafahne die Mitgliedstaaten symbolisieren, so wird auch das Europadenkmal durch die Zahl 12 bestimmt. Die Denkmalfläche ist 12 x 12 m groß und es stehen 12 Stelen so im Kreis, dass die oberen Abschrägungen sich einer gemeinsamen Mitte zuwenden. Ein Mittelrondell kennzeichnet mit vier Abschnitten die Himmelsrichtungen und lässt in der Mitte  Raum für die Stelle, wo 1950 das Europafeuer brannte. Am Infostand wird über das historische Geschehen informiert.

    Die Einweihung des EU-Denkmals

    Das Denkmal wurde am 9. September 2007 eingeweiht. Es wurde dabei der alte Zustand von 1950 mit Schranken, Grenzpfählen und Stoppschildern  wiederhergestellt. Nach dem Auftakt zur Feier mit der mitreißenden Bigband des Europa-Gymnasiums Herxheim begannen zwei Demonstrationszüge von Frankreich und Deutschland aus, um die wunderschöne Feier mit vielen europabegeisterten Menschen zu eröffnen. Die Feier wurde dann eingeleitet mit Sprechchören wie z.B. Lasset uns die Hände reichen – die Grenzen müssen weichen. Kein Krieg darf schaffen wieder Wunden, im Herzen sind wir tief verbunden.

    Lasset uns Europa bauen – gemeinsam in die Zukunft schauen.